Reisebericht: Taminaschlucht/Bad Ragaz/Chur vom 22./23. September 2012

Kirchenchor-Reise 22./23. September 2012

Das erste Etappenziel unserer 2-tägigen Reise ist der Bahnhof von Bad Ragaz. Schon während der Durchfahrt mit dem Car sind einige der im Ort verstreuten Skulpturen von 80 Künstlern aus 17 Ländern zu sehen. Bad RagARTz nennt sich die Triennale der Skulpturen.
Die Besichtigung dieser Ausstellung steht auf unserem Nachmittagsprogramm als Alternative zum Thermalbad.

Taminaschlucht

Zuerst aber führt uns das Postauto zum „Alten Bad Pfäfers“, wo wir uns auf eine Führung durch das Badmuseum und die Taminaschlucht freuen dürfen. Unsere Erwartungen werden nicht enttäuscht. Im barocken Bad bringt uns zunächst eine charmante Dame die spannende Geschichte der Therme näher, die im Jahr 1240 begann, als zwei Jäger die 36,5° warme Quelle entdeckten. Während 100 Jahren badeten Heilsuchende in den in Fels gehauenen Löchern und verweilten dort während sieben bis zwölf Tagen, Tag und Nacht, nachdem sie in Körben an den schrecklichen Ort hinabgelassen worden waren. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs das Bad zu einer international bekannten Kurstätte heran, die in ihren Glanzzeiten viele berühmte Badegäste beherbergte. Das Wirken des grossen Naturarztes Paracelsus in Pfäfers im Jahr 1535 trug ebenfalls zur grossen Bekanntheit bei.
Wir aber erhalten erst einmal Einblick in die Badekultur, inklusive Baderegeln (z.B. mussten die Männer ihre Waffen ablegen, bevor sie ins Bad stiegen. Wer gegen eine der vielen Regeln verstiess, wurde für 100 Jahre vom Bad verdammt). Wir bewundern die eleganten Gästeräume für die reiche Zürcher Gesellschaft, die barocken Räume und die feudale Küche.
Nun aber gehen wir gut ausgerüstet mit Regenjacke und Schirm in die enge Schlucht zur Quelle, entlang der rauschenden Tamina. Erstaunlicherweise tut der Regen dem kraftvollen bis mystischen Eindruck keinen Abbruch. Mächtige Felsformationen hüllen uns ein. Immer wieder blitzt ein Stück heller Himmel beim Blick nach oben. Bei der Quellwassergrotte kosten wir das warme, schmackhafte Wasser. Nur der Durchblick der Brillenträger ist reichlich getrübt im feuchtwarmen Felsinnern.

Das anschliessende Mittagessen im historischen Saal des Bades scheint allen zu schmecken. Zum Glück bleibt noch etwas Zeit, um die Ausstellung der Kleinskulpturen im oberen Saal zu bewundern, kommentieren und kritisieren.

Skulpturen oder Therme?

Zurück in Bad Ragaz stellt sich nun die Qual der Wahl fürs weitere Programm. Angesichts des eher regnerischen Wetters erliegen doch einige der Versuchung auf ein wohlig warmes Bad in der hellen und luftigen Therme. Ein paar Wetterresistente bleiben aber der Kultur treu und erkunden die zum Teil riesigen, fantasievollen bis skurrilen, aber auch nicht ganz billigen Skulpturen.

Das komfortable Hotel in Untervaz liegt nahe der Autobahn, ist aber erstaunlicherweise sehr ruhig, mit wohltuendem Blick auf ein Meer von grünen Bäumen. Nach dem Nachtessen, begleitet von munterem Geplauder, ist bald einmal Nachtruhe angesagt, sicher früher als in vergangenen Zeiten, wie man so gehört hat.

Sogn Gieri

Während der Nacht hat der Rheintaler Föhn alle grauen Wolken weggeblasen, so dass wir nach dem reichhaltigen Frühstück den sonnigen und klaren Sonntagmorgen und die kurze Busfahrt nach Rhäzüns geniessen können. Schon bei der Anfahrt erkennen wir auf einer waldigen Anhöhe die unscheinbare, graue Kirche Sogn Gieri. Nach einem kurzen Spaziergang stehen wir vor den alten Gemäuern der kleinen Kirche aus dem 10. Jahrhundert. Gemäss Legende soll hier der heilige Georg im 4. Jahrhundert auf der Flucht mit einem gewaltigen Sprung zu Pferd den Rhein überquert haben. Als Dank liess der Ritter an dieser Stelle die Kirche erbauen.
Beim Eintreten in das Innere der Kirche wird uns schlagartig klar, warum wir hier sind. Sie ist wunderschön, ein seltenes Beispiel einer vollständig bemalten Saalkirche nördlich der Alpen. Biblische Motive aller Art, gemalt vom Rhäzünser Meister im 14. Jahrhundert zieren die Seitenwände. Die gut erhaltenen gotischen Fresken im Chor werden dem Waltensburger Meister zugeschrieben. Ins Auge sticht aber auch der spätgotische Flügelaltar. Der überwiegend rostrote Farbton der Fresken hüllt den Raum in ein warmes Licht. Zusammen mit den archaischen Bänken wird er zu einem Ort von Licht, Harmonie und Kraft, der jeden Besucher berühren muss.
Bevor wir diesen eindrücklichen Ort verlassen, singen wir noch einige sakrale Kanons und geniessen die gute Akustik.

Stadtführung

Der nächste Höhepunkt unserer Reise ist eine Stadtführung in Chur, der ältesten Stadt der Schweiz. Wir freuen uns alle darauf. Zuerst hören wir einiges über die Geschichte des neu gestalteten, reich blühenden Fontana Gartens. Zu einer Villa gehörend und innerhalb der damaligen Stadtmauern hat er im Laufe der Zeit immer wieder sein Gesicht geändert, gemäss dem Geschmack der jeweiligen Zeitepoche. Schöne alte Bäume zeugen heute noch davon.
Der zweite Teil der Führung durch die Churer Altstadt beginnt in der Kathedrale, wo uns eine kompetente und humorvolle Führerin begrüsst. Sie weiss vieles zu erzählen über die Stadt von heute, die Geschichte, gelegentlich gespickt mit Anekdoten, wie etwa die vom Bärenloch, einem kleinen Hinterhof. Hier sollen am Jahrmarkt die Bären getanzt haben, oder haben hier Marktfrauen ihre Beeren verkauft? Oder wohnte hier ganz einfach während Jahren eine Familie Bär?
Uns hat die Führung bei strahlendem Sonnenschein gut gefallen und wir haben viel gelacht. Chur ist ein Besuch wert, sei es der prächtigen, stolzen Häuser willen, oder für einen Einkaufsbummel in den historischen Gassen.
Im wunderschönen, 400 Jahre alten Gebäude „zum alten Zollhaus“ geniessen wir ein spätes Mittagessen und nach einem üppigen Dessert treten wir gut gesättigt die Heimreise an.

Wir danken bei dieser Gelegenheit unserem umsichtigen Chauffeur Martin Graf von Nüssli Carreisen für die angenehme Fahrt. Ein ganz besonderer Dank geht natürlich auch an den erfahrenen Organisator dieser Reise, Giorgio Bösiger. Da gibt es nichts zu bemängeln, es war einfach schön.

Kathy Gehrig